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22.11.24 –
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,
4 Jahre. 4 Jahre länger lebt ein Mensch im Schnitt am Starnberger See im Vergleich zu Kaiserslautern. Man könnte sagen, wir haben damit noch Glück, denn das ist immernoch 2 Jahre länger als in Pirmasens. Aber diese Zahlen kann man glaube ich erst mal ganz gut im Raum wirken lassen, denn wir alle haben denke ich ein sehr konkretes Gefühl dafür, was eventuelle Ursachen für dieses Gefälle sein könnten.
Wir stimmen heute über unseren Haushalt 2025 ab. Ein dickes Zahlenwerk, in dem wir aufgeschrieben haben, was wir denken, ausgeben zu müssen und auflisten, was wir denken einnehmen zu können. Aber es ist natürlich viel mehr als das. Es ist in Zahlen gegossene Lebenssituation
unserer Kommune. Und vor dieser Lebenssituation in Kaiserslautern steht für das kommende Jahr mal wieder ein großes rotes Minus.
Es ist uns als Verwaltung und Rat nicht gelungen, den Haushalt auszugleichen. Nach den letzten Jahren, in denen wir es durch extreme Disziplin und schmerzhafteste Einsparungen geschafft hatten, wurden wir dieses Jahr endgültig von den Mehrausgaben überrollt.
Der Besuch der Kolleg*innen aus dem Städtetag auf der letzten Ratssitzung war extrem aufschlussreich, hat aber ehrlich gesagt, nur wenig Grund zur Hoffnung gemacht. Machen wir uns nichts vor: Dieser Haushalt wird in seiner jetzigen Form nicht genehmigt werden. Er wird
zurückkommen und die ADD wird wie immer darauf beharren, dass wir ihn ausgleichen. Wir haben auf der letzten Stadtratssitzung gehört, dass die ADD den Ausgleich der letzten Haushalte als Beleg dafür wertet, dass es in dieser Stadt möglich ist, den Ausgleich auch weiterhin zu schaffen.
Bei solchen Aussagen möchte ich die Herren und Damen der ADD gerne fragen, ob sie sich in Trier eigentlich in einem Raum ohne Fenster und Empfang einschließen oder wie ignorant man eigentlich sein muss, um mit einer so verbitterten Härte, die Augen vor der Wirklichkeit zu
verschließen. Schon der Nachtragshaushalt 2024 zeigt doch, in was für eine Lage wir geschlittert sind. Schon die Mittelfristige Finanzplanung der letzten Jahre zeichnete doch einen Negativtrend ab, den man gar nicht übersehen konnte. Und die ADD hat ihn ja sogar gesehen. Deshalb hat sie uns beim letzten Mal den Haushalt zurückgeschickt und uns aufgetragen, auch die mittelfristige Planung für die kommenden Jahre durch geplante Maßnahmen und Einsparungen auf den Ausgleich zu drücken. Und wir sind lange nicht die einzige Kommune, der gerade dieses Jahr der Haushalt plötzlich unhaltbar um die Ohren fliegt.
Ich übersetze also nochmal kurz das Verhalten der ADD: Sie bekommen aus dem ganzen Land Haushalte, in denen sich in der mittelfristigen Finanzplanung abzeichnet, dass wir landauf, landab ein großes Problem spätestens 2025 bekommen. Und anstatt nach konstruktiven Lösungen zu suchen und diese alarmierenden Zahlen an die Landespolitik zu geben, damit man politisch frühzeitig nachsteuern könnte, stellt man sich mal wieder auf den Standpunkt: Das ist alles nicht unser Problem!
Wofür das erste D in ADD steht, hat mittlerweile glaube ich wirklich jeder vergessen. Von Dienstleistung zu sprechen bei einem solchen Verein, in dem Menschen völlig von der Wirklichkeit entkoppelt arbeiten und nicht in der Lage sind für das beträchtliche Gehalt, was sie dort verdienen auch nur ein Mindestmaß an Verantwortung für ihren Zuständigkeitsbereich zu übernehmen, ist blanker Hohn.
Dass diese sturen und visionslosen Menschen, die sich hinter ihrer Verbeamtung verstecken und in regelmäßigen Abständen unverschämte Briefe in Inhalt und Tonfall an unsere Verwaltung schreiben, nochmal zur Vernunft kommen und ob sie sich irgendwann mal überlegen, dass
Verbeamtung eigentlich bedeutet, dass man im Dienste dieses Landes und seiner Menschen steht und man durchaus erwarten kann, dass so jemand auch mal ein bisschen selbstinitiativ zeigt, dass er kreativ überlegt, was man tun kann, um Schaden von einem Land abzuwenden und es
nicht immer weiter und tiefer in eine scheinbar unvermeindliche Miesere zu führen – das ist scheinbar einfach zu viel verlangt.
Aber da die menschlichen Fehlbesetzungen bei der ADD nicht unsere Angelegenheit sind, müssen wir über die Politik gehen. Die Landespolitik hat die ADD viel zu lange mit schlechten Gesetzen ausgestattet und sie dann im Behördenkleinklein durchgreifen lassen.
Das hätte längst ein Ende haben müssen. Muss es aber spätestens ab den Haushalten 2025. Denn jetzt ist die Schieflage so deutlich und die Not im ganzen Land so groß, dass es eine kraftvolle politische Antwort darauf braucht. Neben dem Einhalten von Konnexität und der allgemeinen
Finanzausstattung müssen wir im Moment vor allem mit zwei Themen in intensive Gespräche mit dem Land eintreten.
Es braucht eine Anpassung der Grundsteuerregelung , damit wir zielgenauer entscheiden können, wie wir Lasten innerhalb der Grundsteuer verteilen wollen. Zur Zeit gibt es eine Diskussion in der Landespolitik darüber getrennte Hebesätze innerhalb der Grundsteuer zu ermöglichen. Wir sollten diese Bemühungen unterstützen und uns somit mehr Flexibilität erarbeiten.
Der zweite und, wie ich glaube, der größte und wichtigste Punkt ist die genaue Analyse und Betrachtung des Sozialetats. Rheinland-Pfalz hat erschreckend hohe Pro-Kopf-Kosten im Sozialbereich bei gleicher Aufgabenerfüllung im Vergleich zu anderen Bundesländern. Und wir wissen ganz genau, dass unsere Ausgaben im Sozialbereich den größten Brocken von dem Ausmachen, was uns derzeit auf die Füße fällt.
Die Spitzen der Landesregierungen haben nun scheinbar erkannt, dass es sich hier möglicherweise um ein strukturelles Problem handeln könnte.
Diese Erkenntnisse von landespolitischer Seite sind sehr zubegrüßen. Sie bedeuten aber aus meiner Sicht auch, dass man als Landesregierung erkennen müsste, dass es strukturelle Probleme zu lösen gibt, bevor man von Kommunen erwarten kann, dass sie sich sicher in diesem
System bewegen. Es ist nicht richtig, Haushaltsausgleich nach Haushaltsausgleich von uns zu verlangen, wenn man selbst ganz genau weiß, dass man seine Hausaufgaben noch nicht fertig gemacht hat.
Vor allem weil wir ja auch gelernt haben, wie schwierig es ist, als Kommune über den Klageweg sein Recht einzufordern. Wie kompliziert es ist mit dem Land über die allgemeine Finanzausstattung gerichtlich zu streiten, haben wir schon selbst aus nächster Nähe sehen können. Neu gelernt haben wir glaube ich alle, dass es quasi unmöglich ist, im Bereich der Konnexität rechtlich vorzugehen. Was dadurch erschreckend untermauert wird, dass es auch noch niemand jemals versucht hat!
Auch über diese Thematik muss mit dem Land gesprochen und gestritten werden. Es kann nicht sein, dass man es Kommunen quasi verunmöglicht an ihr Recht zu kommen, weil man juristische Hürden aufstellt, die nicht zu überwinden sind und die Konsequenzen eines Rechtsstreits auch immer nur von der Kommune getragen werden müssen.
Wir alle wissen, was die vorläufige Haushaltsführung für uns bedeutet. Was das mit einer Stadt und den Menschen, die in ihr leben, macht.
Zur Wahrheit, der wir uns stellen müssen gehört aber, dass die vorläufige Haushaltsführung wieder auf uns zukommen wird. Dieser Haushalt ist nicht genehmigungsfähig. Das wissen wir alle. Deshalb müssen wir jetzt schon überlegen, wie wir damit umgehen.
Wir brauchen einen kreativen und mutigen Haushaltsvollzug. Wir müssen in der Verwaltung genau prüfen, was möglich ist und wie wir unsere Spielräume maximal ausschöpfen können. Denn wie ich am Anfang schon gesagt habe: Es geht nicht um abstrakte Zahlen auf einem Stück Papier, auf dem dann am Ende eine schwarze oder eine rote Zahl steht. Es geht um die Frage, wie die Schulen aussehen, auf die unsere Kinder gehen. Es geht darum, ob wir ausreichend Kitaplätze zur Verfügung stellen, damit Eltern auch wieder die Chance haben, in ihre Berufe zurückzukehren. Es geht darum, ob wir, wenn wir Fahrrad fahren, sicher ans Ziel kommen oder ständig Angst haben müssen, von einem Auto
übersehen zu werden. Es geht darum, ob sich Menschen in Mölschbach, in Dansenberg, in Morlautern, in Hohenecken frei und flexibel innerhalb dieser Stadt bewegen können, auch wenn sie kein Auto haben und vielleicht auf den Bus angewiesen sind. Es geht darum, ob wir es uns leisten können Flächen zu entsiegeln und unsere Stadt zu begrünen, damit Menschen über 70 im Sommer in dieser Innenstadt verweilen können, ohne von einem Kreislaufkollaps bedroht zu sein, weil es so heiß ist. Es geht darum, wie wir Stadtplanung umsetzen können und wie
groß die Bürgerbeteiligung dafür ausfallen kann.
Ich wünsche mir, dass wir als Stadtrat und Verwaltung zu diesen Fragen eng zusammenrücken und gemeinsam schauen, wie wir handlungsfähig sein können.
Es ist frustrierend und eigentlich auch nicht akzeptabel, dass feste Posten, die mit Mühe und vielen politischen Diskussionen in den Haushalt verhandelt wurden, nun nicht ausgezahlt werden. Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass wir die freie Kulturszene fördern wollen, wenn
plötzlich im laufenden Haushaltsjahr 2024 gesagt wird, dass man das Geld jetzt plötzlich doch nicht auszahlen kann. Die Fahrradstraße Augustastraße haben wir mit viel Mühe in den Haushalt 2024 verhandelt, auch mit dem Wissen, dass 2024 vermutlich das letzte Jahr ist, in dem
diese Maßnahme vielleicht noch möglich sein wird, weil es der letzte Haushalt war, bei dem wir mit Hängen und Würgen noch einen Ausgleich hinbekommen haben. Unsere Angst, dass wichtige Projekte im Haushalt 2024 jetzt einfach auf unabsehbare Zeit sterben ist groß.
Und sie führt zu extremer Frustration im Rat und der Bevölkerung. Dass Projekte eingestampft werden, weil an anderer Stelle im Haushalt die Kosten durch die Decke gegangen sind, ist schwer zu vermitteln und wird von vielen Menschen als extrem unfair empfunden. Aber das sind Fragen, denen wir uns perspektivisch immer öfter stellen werden müssen. Deshalb ist unser Angebot an unsere Finanzdezernentin sehr klar:
Lassen Sie uns genau erroieren, was machbar ist. Lassen sie uns aber das Augenmerk darauf legen, wie Dinge möglich werden und weniger darauf, warum etwas vielleicht doch nicht möglich sein könnte. Lassen Sie uns Verantwortung teilen, wo auch immer es möglich ist. Dieser Rat als Haushaltssouverän ist bereit auch schmerzhafte und bittere Entscheidungen zu treffen. Aber bitte geben Sie uns Handlungsfähigkeit zurück, indem wir auch wirklich Entscheidungen treffen dürfen. Sie sind nicht alleine in diesem Haushaltsvollzug. Es ist zu viel verlangt, die politische Verantwortung einer solchen Haushaltsführung nur auf einem Paar Schultern zu haben. Wir sind bereit, unseren Teil beizusteuern.
Aber lassen Sie uns vor allem mutig sein, auch wenn das bedeutet, dass wir uns vielleicht immer wieder in rechtlichen Grauzonen bewegen müssen. Denn es geht um zu viel, um es nicht zu versuchen. Dieser Haushalt ist natürlich eigentlich nicht zustimmungsreif, weil wir alle wissen, dass er zurückkommen wird. Aber ehrlich gesagt, fehlt mir auch die Fantasie, wie man ihn hätte ausgleichen können. Und ich finde eine Sache gut an diesem Haushalt: Dass er tatsächlich einmal ein Mindestmaß von dem abbildet, was wir brauchen, um in dieser Stadt überhaupt noch so etwas wie Stabilität und Fortschritt ermöglichen zu können. Es ist kein undisziplinierter Haushalt. Es stehen keine politischen Traumschlösser drin. Er ist nicht mehr und nicht weniger als eine Abbildung der Wirklichkeit und der Bedarfe, die diese Wirklichkeit so dringend fordert. Er ist die klare Ansage an die ADD, dass wir das, was wir aufgeschrieben haben, auch wirklich brauchen.
Von daher ist er als ehrliches Zeichen im Sinne von Haushaltswahrheit und Klarheit absolut zustimmungswürdig. Denn eines möchte ich noch sagen: Nur weil wir in den letzten Jahren eine schwarze Null im Haushalt stehen hatten, heißt das noch lange nicht, dass wir keine Schulden
gemacht haben! Unsere Schulden sind zu besichtigen in löchrigen Straßen, maroden Brücken, nassen Klassenräumen und fehlender
Betreuungsinfrastruktur. Und vor dem Hintergrund darf man ernsthaft die Frage stellen, was eine Politik des zwanghaften Sparens eigentlich denkt, mit welchen Schulden wir uns mehr ans der jungen Generation versündigen.
Meine Fraktion wird diesem Haushalt zustimmen.
Vielen Dank.
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