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16.04.20 –
Seit einigen Wochen ist in Deutschland und der Welt nichts mehr, wie es einmal war. Die Angst vor Infektionen bestimmt unseren Alltag. Wir versuchen uns selbst und andere so gut es geht zu schützen. Und obwohl jede*r sein Bestes gibt, kann man in einer solchen Situation leider nur von Schadensbegrenzung sprechen. Aber wie gut funktioniert unsere Schadensbegrenzung eigentlich, wenn es um unser eigenes System von Rechtstaatlichkeit und Demokratie geht?
Im ganzen Land werden Grundrechte zeitlich begrenzt ausgesetzt, um die Verbreitung des Virus’ zu verlangsamen, und auch auf lokaler Ebene wurden zahlreiche Maßnahmen beschlossen. So traf sich vor einer Woche zum ersten Mal ein Interimsausschuss, der bis auf Weiteres, die Aufgaben des Stadtrats stellvertretend wahrnehmen soll. Alle Maßnahmen wurden parteiübergreifend getragen, da sie der Eindämmung der Pandemie dienen.
Aber Notfallmaßnahmen sind für den Notfall gedacht und nichts anderes. Wenn also ein Interimsausschuss gegründet wird, damit in Kaiserslautern auch weiterhin notwendige Abstimmungen stattfinden können, dann begrüßen auch wir als Fraktion der GRÜNEN das. Für uns ist es aber auch selbstverständlich, dass in einem solchen Notfallgremium, nur Dinge entschieden werden, die nicht auf den nächsten Stadtratstermin warten können.
Bei der Kommunalwahl haben die Bürger*innen Kaiserslauterns nicht nur Parteien in den Rat gewählt, sondern auch Personen, von denen sie sich besonders repräsentiert fühlten. Jedes Stadtratsmitglied bringt unterschiedliche Sichtweisen auf Sachverhalte mit in die Diskussionen. Ein Gremium, dass mehr als die Hälfte dieser Mitglieder ausschließt, kann zwar notwendig sein, bildet aber niemals einen ebenbürtigen Ersatz.
Aus diesem Grund werden wir als Fraktion auch weiterhin darauf bestehen, dass im Interimsausschuss nur Dinge beraten werden, die zeitkritisch sind.
Notfallgremien dürfen niemals dafür verwendet werden, um schnell wichtige Entscheidungen in kleineren, intransparenteren Runden zu beschließen. Und wenn Eilentscheide über mehrere große Geldsummen vom Stadtvorstand alleine beschlossen werden, davon aber nur ein Bruchteil für die Bekämpfung des Coronavirus vorgesehen sind und bei allen anderen nicht einmal die Eiligkeit begründet wurde, wenn auf einer Sitzung des Interimsausschusses Berichte erfolgen sollen, die für den gesamten Stadtrat vorgesehen sind und wenn auf derselben Sitzung über mehrere hunderttausend Euro abgestimmt werden soll, der Ausschuss dazu aber gar nicht die Befugnis hat, dann ist es unsere Aufgabe als Ratsmitglieder, unsere Kontrollfunktion auszuüben. Dass man uns dafür spöttisch begegnet oder sich gar wünscht, “man hätte in Coronazeiten gerne darauf verzichten können”, schockiert uns als Fraktion und wirft die Frage auf, welches Verständnis manche von einem demokratischen System und seinen Spielregeln haben.
Wir müssen in der Lage sein, auch oder gerade in einer Krise über solch sensiblen Themen zu sprechen. Wir müssen abwägen können, zwischen Infektionsschutz und Freiheitsrechten. Wir müssen priorisieren können, welche Themen unsere sofortige Aufmerksamkeit erfordern und welche warten können. Es liegt in der Natur einer Krise, dass manche Sachen aufgeschoben werden müssen, auch, wenn das bei manchen weniger strittigen Themen mühselig erscheinen mag. Wir brauchen Vertrauen in unser demokratisches System. Und die Stärke einer Demokratie zeichnet sich nicht dadurch aus, dass immer alle einer Meinung sind. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass Themen aus unterschiedlichen Blickrichtungen beleuchtet werden, dass gestritten wird, dass um die beste Lösung gerungen wird und dass man am Ende des Tages ausgewogene Einigungen findet.
Versuchen wir mutig zu sein und weiterhin offen und transparent diese Debatten zu führen. Denn, auch und gerade in Krisenzeiten, sind in einer demokratischen Gesellschaft Debatten systemrelevant. Lea Siegfried, Fraktionsvorsitzende Grüne Stadtrat Kaiserslautern
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