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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
wir beraten heute über ein Thema, das elementar für die Bevölkerung dieser Stadt ist.
Wir befinden uns in einer tödlichen Pandemie, deren gesundheitliche und soziale Auswirkungen beängstigend sind. Und in dieser Situation hat sich dieser Rat dafür entschieden, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, um einen sicheren und guten Unterricht in unseren Schulen zu ermöglichen.
3 Monate später verkündet uns unsere Stadtspitze nun, dass man nicht bereit ist, Geld für die Maßnahmen bereitzustellen und man sowieso nie vorhatte, der Argumentation des eigenen Stadtrats zu folgen.
Dabei ist die Argumentation des Rates kein Hirngespinst, sondern stützt sich auf klare wissenschaftliche Erkenntnisse.
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft hat zweifelsfrei belegt, dass, um den Gesundheitsschutz im Unterricht zu gewährleisten, raumlufttechnische Anlagen notwendig sind.
Das reine Stoßlüften sei hier weit unterlegen. Unter der Annahme, dass alle 20 Minuten eine optimale Fensterlüftung stattfindet, seien bei einem unerkannten positiven Fall nach 3 Tagen 3 weitere Menschen angesteckt, die wiederum die Gefahr einer Ansteckung signifikant erhöhen.
Durch den Einsatz von z.B. Abluftanlagen mit Frischluftzufuhr, wie in der Pestalozzischule, kann das Lüften durch offene Fenster nicht nur ersetzt werden. Der Luftaustausch findet auch noch zielgerichteter, dauerhaft und viel effektiver statt, wodurch das Infektionsrisiko deutlich gesenkt werden kann.
Für alle, denen die DPG nichts sagt:
Die DPG ist die älteste und mitgliederstärkste physikalische Fachgesellschaft der Welt.
An der gerade genannten Untersuchung waren unter anderen die Leopoldina Deutschland, das Max-Planck-Institut Göttingen, die Cornell University aus den USA, das Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik der Universität der Bundeswehr München und die Goetheuniversität Frankfurt beteiligt.
Die inhaltliche Argumentation der Verwaltung hingegen stützt sich alleine auf eine Handreiche der Beratungsstelle für Umwelthygiene des Umweltbundesamts, das trotz einer offiziellen Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag für seine Behauptungen bis heute nicht einen wissenschaftlichen Nachweis geführt hat.
Der Gesundheitsschutz in Schulen ist also alleine durch Stoßlüften nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht ausreichend.
Vor diesem Hintergrund zu argumentieren, die beschlossenen Maßnahmen wären nicht unabweisbar, ist im besten Fall kurzsichtig, im schlimmsten Fall ignorant, höhnisch und gefährlich.
Denn eins dürfen wir auch nicht vergessen:
Die bisherigen Berechnungen und Argumente beziehen die erhöhte Übertragbarkeit der Mutanten noch überhaupt nicht mit ein.
Dieser Rat hat aus unserer Sicht also heute folgende Entscheidungsmöglichkeiten:
Entweder wir sorgen jetzt endlich für einen Infektionsschutz, der sicherstellt, dass niemand mehr mit Angst in die Schule gehen muss, oder wir müssen die Schulen bis zum Ende der Pandemie geschlossen halten.
Und Sie alle wissen, was das für die Bildungsgerechtigkeit in diesem Land bedeutet.
Andere Kommunen haben das längst erkannt. Pirmasens, Landau, Landstuhl, Ramstein-Miesenbach. Mainz hat mit 300 Räumen pauschal alle Grundschulen ausgestattet. Und wir sind in einer Pandemie, die uns mehrere Millionen Euro kostet, nicht bereit, das Geld für die Ausstattung von 36 Räumen zur Verfügung zu stellen.
Wer soll das bitte verstehen?
Die Lehrergewerkschaft GEW hat es in ihrer Stellungnahme klar auf den Punkt gebracht:
“Es reicht nicht über Arbeits- und Gesundheitsschutz zu reden, es muss auch erkennbar gehandelt werden.” Und das betrifft als Schulträgerin natürlich in besonderem Maße die Stadt.
Es ist unerträglich, dass die eindringlichen Bitten der Lehrerinnen und Lehrer nach unabweisbarem Gesundheitsschutz und Umsetzbarkeit ihres Unterrichts nicht nur ignoriert werden, sondern von Referat Schulen als Wunschkonzert abgetan werden.
Lehrerinnen und Lehrer wachsen zur Zeit über sich hinaus und häufen jeden Tag unbezahlte Überstunden an, um Kinder aus benachteiligten Familien nicht zu verlieren.
Wir entschuldigen uns bei den Lehrerinnen und Lehrern, bei den Eltern und auch bei den Kindern, denen wir in dieser Pandemie alles abverlangen. Die Arroganz und Ignoranz, mit der wir dieses Engagement mit Füßen treten, macht mich betroffen, traurig und beschämt mich.
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