Kommentar zum Artikel „Die Preisfrage“ - Rheinpfalz am Sonntag vom 1.9.2019

05.09.19 –

in der Rheinpfalz am Sonntag vom 1. September wird in einem ausführlichen Interview mit Herrn Liebensteiner über die Energiewende berichtet („Die Preisfrage“, Seite 6). Mit manchen Schlussfolgerungen sind wir durchaus einverstanden, zum Beispiel:

  • dass man schnelle CO2 Senkungen erreichen kann wenn man Kohlestrom durch Strom aus Gaskraftwerken ersetzt, und
  • dass eine CO2 Steuer mit einer pro-Kopf Rückzahlung an die Bevölkerung ein gutes und sozial ausgewogenes zusätzliches Instrument zur Unterstützung der Energiewende ist.

Es wird aber der Eindruck erweckt, dass das die CO2 Steuer und Substitution von Kohle durch Erdgas der wesentliche Mechanismus war, der zu CO2 Senkungen in Groß Britannien geführt hat, und dass dieser Mechanismus ausreichend wäre, um von einer anderweitigen Förderung von Erneuerbaren Energien absehen zu können. Dem ist nach unserer Auffassung nicht so!

Von 2012 auf 2017 ist die Erzeugung von Strom aus Kohle in Groß Britannien um 114 TWh pro Jahr zurückgegangen. Dieser Rückgang wurde wie folgt ausgeglichen:

  • die Erzeugung aus Gas ist um 36 TWh pro Jahr gestiegen
  • der Gesamtverbrauch ist um 20 TWh pro Jahr gesunken
  • die Erzeugung aus Erneuerbaren ist um 55 TWh pro Jahr gestiegen.

Der Effekt der Brennstoffsubstitution von Kohle aus Gas stellt sich bei genauer Betrachtung mit einer Erzeugungssubstitution von 31,5% (36 von 114 TWh) und einer Emissionsminderung von nur rund 16% der Emissionen aus Kohlestrom als ziemliches Randthema heraus. 62,5% der Kohleemissionen wurden dagegen durch Erneuerbare und Verbrauchssenkung vermieden.

Der Anstieg der Erneuerbaren in Groß Britannien wurde auch nicht primär von der CO2 Steuer verursacht, sondern wurde vorangetrieben:

  • bis Anfang 2019 für kleinere Anlagen durch Feed-in-Tariffs (= Einspeisevergütungen),
  • bis 2017 für größere Anlagen durch Renewable Obligation Certificates,
  • seit neuerem durch Contracts of Difference, die im Effekt dem Investor eine feste Vergütung für einen langen Zeitraum garantieren, und somit in der Charakteristik, der Wirkung und den Förderkosten dem EEG sehr nahe kommen.

Auch im weiteren Verlauf des Rheinpfalz Artikels finden sich viele Punkte, die wir anders beurteilen.

Fazit:
Wir stimmen der Überlegung zu, dass eine schnelle Substitution von Kohlestrom durch Gaskraftwerke sinnvoll ist. Einmal wegen der kurzfristigen Emissionssenkung, die damit einhergeht, zum anderen weil wir mittel- und langfristig eher die flexibleren Gaskraftwerke brauchen, und wir die notwendigen Investitionen in diese durch ein Zurückdrängen der Kohle heute schon unterstützen können.

Wir stimmen auch zu, dass eine CO2 Steuer, notfalls im nationalen Alleingang, ein sinnvolle zusätzliche Maßnahme wäre, insbesondere wenn diese durch eine pro-Kopf Rückzahlung an die Bürger sozialverträglich gestaltet wird.

Wir stimmen jedoch nicht zu, dass eine CO2 Steuer eine ausreichende Maßnahme wäre. Auch das Beispiel Groß Britannien belegt, dass starke Emissionssenkungen zu einem großen Teil durch Einsparungen und Erneuerbare, und nur mit gezielten Maßnahmen zur Förderung Erneuerbarer Energien zu erreichen sind. Ganz und gar nicht stimmen wir mit der Beurteilung der Kosten und Auswirkungen der Energiewende sowie zahlreichen anderen Punkten in dem Interview überein.

Die Energiewende erfordert eine inhaltlich fundierte Darstellung, und sachliche, Daten-basierte Überlegungen.mUm bei diesem Prozess etwas zu helfen, analysieren wir im Anhang die von Herrn Liebensteiner gemachten Aussagen in einigem Detail. Vielleicht kann diese Analyse Hintergrundwissen für zukünftige Artikel zum Thema Energiewende in einigermaßen verständlicher Form vermitteln.

 

 

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