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19.03.20 –
Nachdem Ende Januar die ersten Fälle des neuartigen Coronavirus in Deutschland festgestellt wurden, hat sich die Zahl der Infizierten kontinuierlich erhöht. Die Pandemie ist nun auch in Deutschland angekommen. Experten gehen davon aus, dass 60 bis 70% der Bevölkerung erkranken werden. Was jetzt zählt, ist die Zahl der Neuansteckungen zu verlangsamen, damit unser Gesundheitssystem nicht überlastet wird - „Flatten the curve“.
Was in diesen Tagen zählt, ist Solidarität. Natürlich mögen für Einzelne die Maßnahmen ärgerlich sein. Aber es geht diesmal um mehr: Es geht darum, den jungen Mann mit Herzfehler aus dem Haus gegenüber zu schützen. Es geht darum, dass die Tochter des besten Freundes, die mit einer chronischen Lungenkrankheit geboren wurde, die Möglichkeit hat, im Krankenhaus beatmet werden zu können. Und es geht um die eigene Familie und Freunde. Vielen Menschen sieht man ihre Krankheit nicht an, weswegen es enorm wichtig ist, alle uneingeschränkt zu schützen. Deshalb fordert die Fraktion DIE GRÜNEN alle auf, sprichwörtlich näher zusammenzurücken und wortwörtlich mehr Abstand zu halten. Bleiben Sie zu Hause, wenn Sie sich krank fühlen, waschen Sie sich Ihre Hände und vermeiden Sie jeglichen sozialen Kontakt, der nicht zwingend sein muss.
An dieser Stelle wollen wir uns vor dem verneigen, was viele von Ihnen heute bewältigen. Familien müssen zurzeit ohne jede Betreuungseinrichtung, auch ohne Hilfe der Großeltern, Arbeit von zu Hause leisten mit gleichzeitiger Unterrichtungspflicht der Kinder. Das ist für viele eine enorme Herausforderung. Noch mehr natürlich, wenn die Eltern vielleicht sogar im immer mehr belasteten Gesundheitssektor arbeiten. Dann sollte es zwar eine Notbetreuung der Kinder geben – dafür steigt die berufliche Last immer weiter. Auch den Menschen, die weiterhin dafür Sorge tragen, dass das alltägliche Leben aufrecht erhalten bleiben kann - dazu zählen unter anderem Angestellte der Supermärkte, Müllabfuhr oder der Apotheken - möchten wir hier ausdrücklich danken.
Für viele Obdachlose ist die momentane Situation lebensbedrohlich. Einige Standorte der Tafel haben bereits geschlossen. Außerdem beklagt der Verband der Tafeln jetzt schon eine Unterversorgung mit Lebensmitteln, da die Supermärkte durch „Hamsterkäufe“ weniger spenden. Somit sind Hamsterkäufe nicht nur unsinnig, da die Lebensmittelversorgung in Deutschland durchaus gesichert ist, sie ist zudem noch gefährlich, da sie den Bedürftigen des Landes schadet. Jeder, der nun zu viele Nahrungsmittel zu Hause gelagert hat, kann sie aber immer noch spenden. Obdachlosen muss zudem in dieser Ausnahmesituation der Zugang zu Hygieneprodukten und medizinischer Versorgung unabhängig von einer Versicherung gewährt werden.
Geflüchtete in Erstaufnahmeeinrichtungen und Asylzentren werden durch Corona vielerorts vor gleich zwei Herausforderungen gestellt. Einerseits ist die Informationslage mangelhaft. Die Sprach- und Zugangsbarrieren führen dazu, dass viele sich auf den sozialen Medien über das Virus informieren, was durch Fake News zu Panikmache führt. Andererseits leben gerade in diesen Unterkünften viele Menschen auf sehr engem Raum, was die Infektionsrate nach oben treibt. Deshalb sagen wir als Fraktion DIE GRÜNEN, dass diese Großunterkünfte dringend geschlossen werden müssen und die Geflüchteten auf die Kommunen verteilt werden, um sie vor einer Erkrankung zu schützen. Außerdem muss Aufklärung betrieben werden sowohl über das Virus als auch über Hygienemaßnahmen. Neuankommende Asylsuchende müssen vor Aufnahme getestet werden. Des Weiteren ist ein Abschiebestopp einzuführen, um die Ausbreitung des Virus in andere Länder zu verhindern. Unser Humanismus steht auf dem Prüfstand: Wir müssen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe und Nationalität vor dem Virus schützen.
Deutschland hat am 18.03. beschlossen, die humanitäre Flüchtlingsaufnahme auszusetzen. Dagegen sprechen wir uns vehement aus. Die EU-Kommission muss erkennen, dass es sich hier nicht um zwei getrennte Krisen handelt. Es ist schlimm genug, dass Menschen, die ihr Zuhause zurücklassen mussten, an den EU-Außengrenzen keinerlei Hilfe erhalten. Jetzt müssen sie auch noch eine Pandemie fürchten. Geflüchtete an den Grenzen und in den Lagern muss geholfen werden. Die Enge und mangelnde Hygiene begünstigten ein schnelles Verbreiten des Virus. Es gilt jetzt, das Asylverfahren zu beschleunigen. Vor allem Kinder, Ältere und Risikopatienten müssen aus dieser katastrophalen Situation herausgeholt werden. Außerdem müssen auch hier Präventions- und Quarantänemaßnahmen implementiert werden, um die Menschen vor dem Virus zu schützen. Zudem müssen mehr EU-Mittel für humanitäre und finanzielle Hilfe bereitgestellt werden.
Dass die Wirtschaft von den Einschränkungen sehr stark betroffen sein wird, ist bereits jetzt klar. Die Fraktion DIE GRÜNEN fordert deshalb, dass die Steuervorauszahlungen der Unternehmen sich nicht am Vorjahr 2019 orientieren, sondern an das voraussichtlich einkommensschwächere Jahr 2020 angepasst werden. Unternehmen sollen die Möglichkeit haben, ihre Einnahmen für das laufende Jahr neu zu kalkulieren und darauf basierend eine Entlastung zu erhalten. Dies würde auch verhindern, dass Gelder durch die Stadt verausgabt werden, die im Endeffekt aufgrund der besonderen Lage zwar zunächst eingenommen, aber dann zurückgezahlt werden müssen. Besonders sorgen wir uns um den Einzelhandel und Dienstleistungsbereich in der Innenstadt, der von Schließungsanordnungen oder ähnlichem betroffen sein wird. Wir fordern die Stadt auf, Listen der notleidenden Geschäfte, Dienstleister und anderer kleinerer Betriebe zu führen. Es ist jetzt wichtig, sie durch besonderes Entgegenkommen bei städtischen Abgaben im Wettbewerb mit den prosperierenden Online-Versendern zu unterstützen. Vieles muss erst geklärt werden, so auch, wie kleine Unternehmen weiter unterstützt und vor dem finanziellen Ruin bewahrt werden.
Wir fordern die Stadtverwaltung auf, ein Konzept zu entwickeln, um unsere Vereine und öffentlichen Einrichtungen zu unterstützen. Auch sie leiden unter wegfallenden Kursgebühren, Eintrittspreisen oder weiteren leistungsabhängigen Gebühren. Diese Last gilt es abzufangen.
Als Ratsfraktion machen uns wir zurzeit besondere Gedanken darum, wie unter schwierigen Versammlungsbedingungen die lokalen demokratischen und rechtsstaatlichen Entscheidungsprozesse gewahrt werden können. Dies ist umso wichtiger, je länger die aktuelle Krisenphase andauern wird. Wir meinen, dass es eine Interimskommission des Stadtrates geben muss – aber nur für die unaufschiebbarsten Belange zur Fortführung der Stadtverwaltung. Weiter ist es an der Zeit, digitale Demokratie im Stadtrat abzubilden oder auch normale Sitzungen mit Bürgeranfragen in größeren Räumlichkeiten zu ermöglichen, beispielsweise in der Fruchthalle.
Das Virus stellt uns alle vor eine große Herausforderung. Bewältigen können wir diese Krise aber nur zusammen. Bündnis macht die Schwachen stark.
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